Die Rosenzüchtung ist größtenteils in der Hand weniger Firmen in Deutschland, Frankreich und den USA. Doch es gibt auch Gartensorten aus dem Osten Europas, deren genetische Ressourcen besonders für die kontinentalen Klimabereiche von unschätzbarem Wert sind. Die Arbeit eines dieser osteuropäischen Rosenzüchters, Gergely Márk, ist akut bedroht, für immer verloren zu gehen.
Seit langem rückt die Erhöhung der Widerstandsfähigkeit in der Rosenzüchtung immer mehr in den Vordergrund. Große Verdienste in der Vergangenheit, auf der auch moderne Züchtungsarbeit aufbaut, erwarb sich auf diesem Gebiet Rudolf Geschwind (1829–1910). Seine am Ende des 19. Jh.s eingeführten Kreuzungen mit Wildrosen eröffneten mit ihrer Frosthärte eine neue Ära der Rosenverwendung. Etwa 100 Jahre später gelang es Gergely Márk (1923–2012) in Ungarn ebenfalls, Rosensorten zu züchten, die außergewöhnlich harten Bedingungen trotzen können. Damit erweiterte sich die Möglichkeit, auch an solchen Standorten Rosen zu pflanzen, an denen es früher undenkbar war. Beispiele für die erhöhte Widerstandsfähigkeit von Márk-Rosen sind u. a. besondere Frosthärte, Verträglichkeit sowohl von Hitzeperioden als auch von länger anhaltender Nässe und Kälte sowie von großen Temperaturstürzen. Selbst Böden mit einem pH-Wert von über acht können einige Márk-Sorten gut vertragen.
Als Agraringenieur war Gergely Márk in seinem Berufsleben wissenschaftlicher Mitarbeiter eines staatlichen Forschungsinstituts in Budapest. Hier baute er u. a. ein Rosarium mit mehreren 1.000 Sorten auf, wertete dabei ihre Eigenschaften aus und berichtete darüber in seinem Buch „Die Rose” (VEB Deutscher Landwirtschaftsverlag, Berlin 1962). Damals begann er auch, wenngleich nur in eingeschränktem Maße, mit der Züchtung neuer Sorten. Immerhin: Seine Rose ‘Budatétény’ wurde auf der IGA in Hamburg 1963 mit einer Goldmedaille ausgezeichnet.
Nach seiner Pensionierung 1981 war es ihm dann möglich, ein zwei Hektar großes morastiges Gelände in der Nähe von Budapest zu erwerben. Mit starker Willens- und Körperkraft hat er eigenhändig das Grundstück für die Kultivierung von Rosen mit Hacke und Schaufel urbar gemacht. Ein Ort, an dem er 30 Jahre lang seine Rosen Tag für Tag unter äußerst ungünstigen Umständen züchtete und die besten auswählte. Alles war schwierig. Zum einen eignete sich die Bodenbeschaffenheit überhaupt nicht für eine landwirtschaftliche Nutzung, von der Rosenkultur ganz abgesehen. Zum anderen blieb die Pflege der Rosen wegen der karg bemessenen Rente als einzige Finanzierungsquelle auf ein Minimum beschränkt.
Außerdem gab es weder fließendes Wasser noch elektrischen Strom; und dies bei den heißen, trockenen Sommern und den kalten Wintern Ungarns. Seine ausschließlich im Freiland kultivierten Sorten mussten harten Bedingungen trotzen. Wenn die Sorten nicht seinen Vorstellungen entsprachen, sortierte er sie sofort aus. Kein Verzärteln, kein Düngen, keine Pilzspritzungen, nichts dergleichen kam in Frage.
Die große Widerstandsfähigkeit der ungarischen Márk-Rosen zeigte sich auch in einem unfreiwilligen Test: Nach der erfolgreichen Umsiedelung des von der Vernichtung bedrohten Rosenbestandes in seinem Züchtungsgarten auf einen neuen Standort wurde das alte Gelände von den Erben jahrelang, außer gelegentlichem Mähen, nicht gepflegt. Die zufällig verbliebenen Rosenstöcke erhielten keinerlei Art von Pflege – und blühten trotz dieser widrigen Umstände prächtig.
Eine der bekanntesten Sorten von Gergely Márk ist die 1988 eingeführte und im Jahr 2000 in Rom mit einer Goldmedaille ausgezeichnete Strauchrose ‘Heilige Elisabeth’. Ihr ungarischer Name lautet in voller Länge ‘Árpád-házi Szent Erzsébet emléke’ und bedeutet „Dem Andenken an die Heilige Elisabeth aus dem Hause Árpád gewidmet“. Die Benennung bezieht sich auf die ungarische Königstochter Elisabeth von Thüringen, auch als „St. Elisabeth of Hungary“ bekannt, die sich europaweit großer Popularität erfreut.
Strauchrose ’Heilige Elisabeth’
Die auch unter ‘Szent Erzsébet’ oder ‘ÁSzE’ im Handel geführte Sorte wird mit ihren großen, duftenden Blüten, ihrem reichen Blütenflor und ihrer langen Blühdauer zu Recht immer beliebter. Als große Strauchrose, die auch als Kletterrose überzeugt, braucht sie einen möglichst solitären Platz. Auf einem guten Standort, z. B. vor einer Mauer, kann sie mehrere 100 Blüten während einer einzigen Saison hervorbringen. Selbst als Schnittblume ist sie hervorragend geeignet. Diese Rose sollte eigentlich in keinem Garten fehlen.
Strauchrose ‘Mami’, nach der Ehefrau des Züchters benannt
Floribunda ‘Regéc’
Miniatur ‘Borsi’
Die nach ihr benannte zweifarbige Teehybride ‘Kigyóssy Eva’ im Márk Memorial Rosengarten in Acsád
Die Autorin dieser Zeilen, Dr. Eva Kigyóssy-Schmidt, lernte Gergely Márk im November 2004 kennen. Vieles blühte trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit immer noch ganz prachtvoll in seinem Rosengarten – was die Autorin sofort vom Wert des Rosenschatzes überzeugte. Gleichzeitig wurde ihr bewusst, dass die Zukunft der damals so gut wie unbekannten Márk-Rosen stark gefährdet war. 2007 konnte sie mit Hilfe von Elke Gottschall, Geschäftsführerin der Gesellschaft Deutscher Rosenfreunde e. V., die ersten 100 Stöcke der Rose ‘Heilige Elisabeth’ in bekannten deutschen Rosensammlungen unterbringen. Es folgten zahlreiche weitere Schenkungen nicht nur in Europa, sondern auch in Japan, Kanada und in den USA. Vorträge und Publikationen weckten Aufmerksamkeit und Interesse. Trotzdem: es war nur ein Anfang.
Eine Rosenfreunschaft: Der Züchter Gergely Márk und Eva Kigyóssy-Schmidt
Nach dem Tod von Gergely Márk im Jahre 2012 blieb sein Züchtungsgarten ohne Nachfolger, er sollte sogar einer Bebauung weichen. Somit waren die rund 700 bis 800 neuen Sorten davon bedroht, verloren zu gehen. Um sie zu erhalten, mussten die Rosen kurzfristig an einen anderen Standort übersiedeln – den es jedoch erst noch zu finden galt. Eva Kigyóssy-Schmidt war in der glücklichen finanziellen Lage, die Kosten dieser Aktion übernehmen zu können. Außerdem fand sie in der Person von Margit Pócs eine sehr kompetente Gefährtin für das Rettungsprojekt.
Margit Pócs pflegt den Márk Memorial Rosengarten in Acsád
Einerseits ist Margit Pócs nach Meinung des österreichischen Rosenexperten Erich Unmuth „die beste Rosengärtnerin, die ich kenne“. Andererseits ist sie aber auch ein Organisationstalent und setzt sich schonungslos für die Márk-Rosen ein. Mit ihrer Hilfe konnten in dem ungarischen Dorf Acsád, ganz in der Nähe der österreichischen Grenze bei Szombathely (etwa 130 km von Wien entfernt), Grundstücke für ein Gergely-Márk-Rosarium erworben werden. Eva Kigyóssy-Schmidt gründete dann zusammen mit Margit Pócs die „Márk Memorial Rosengarten Nonprofit GmbH“. Margit Pócs plante und gestaltete die Bepflanzung des Schaugartens, in dem eine 100 Meter lange Rosenmauer als „Walled Garden“ eine zusätzliche Attraktion darstellt. Es gab Jahre, in denen sie rund 10.000 Unterlagen veredelte. Die Notwendigkeit der Eile der Rosenrettung hat sich bestätigt. Denn acht Jahre nach dem Tod von Gergely Márk findet man eine Vielzahl seiner Züchtungen nur noch im „Márk Memorial Rosengarten“ von Acsád.
Unterstützen Sie den Erhalt des geistigen Erbes und der Sorten des Rosenzüchters Gergely Márk durch eine fördernde Mitgliedschaft (ohne jegliche Verpflichtung) oder eine Spende an den Verein
Márk-Rózsa Barátok Egyesület
OTP BANK NYRT – H-9700 Szombathely, Ungarn
IBAN: HU40 1174 7006 2725 2877 0000 0000
BIC: OTPVHUHB
Zwei Grundanliegen leiten die Betreuerinnen der Márk-Rosensammlung: Einerseits sollen die Rosensorten im botanischen Sinne erhalten und bisher unbenannte Sämlinge neu selektiert werden. Gleichzeitig ist das geistige Erbe des Rosenzüchters Gergely Márk aufzuarbeiten. Hierfür stehen außer persönlichen Erfahrungen von Eva Kigyóssy-Schmidt auch private Dokumentationen des Züchters zur Verfügung. Diese Aufgabe ist deshalb immens wichtig, weil mit der Zeit immer mehr Informationen verloren gehen. Für die Ausführung dieser Aufgaben sind hinreichend Legitimationen vorhanden, das betrifft auch die Einführung von neuen Sorten. Erich Unmuth hat z. B. eine hohe Meinung von den Márk-Rosen. Im Badener Rosenkultivarium stehen zur Zeit etwa 20 Sorten, weitere zehn bis 20 möchte er unbedingt noch in Baden und wenn möglich auch im Rosarium Sangerhausen unterbringen. Seiner Meinung sind darunter noch einige Sorten, die sich durch ähnliche herausragende Eigenschaften wie die ‘Heilige Elisabeth’ auszeichnen. Die Fortsetzung des Rettungsprojekts ist also auch deswegen wichtig, weil die Selektion dieser Sämlinge und ihre Vermehrung Zeit brauchen. Dieses Jahr wurde eine erste Auswahl unter den besten Kandidaten getroffen. Eine geringe Anzahl davon wird wahrscheinlich schon im kommenden Herbst zur Verfügung stehen.
Zahlreiche neue Sorten warten im Züchtungsgarten noch auf ihre Einführung
Die erste Phase der Sicherung des Márk-Erbes an einem neuen Standort ist mit großen Anstrengungen vollbracht. Mit dem Versiegen der Finanzierungsquellen droht jedoch der vorerst geretteten Rosensammlung das Aus. Gegenwärtig ist die Belastung mit der Rosenpflege so groß, dass die Betreiberinnen der Sammlung nicht in der Lage sind, größeren wirtschaftlichen Aktivitäten nachzugehen. Werbung, Publikationen, Internet-Auftritt: Für alles ist zu wenig Zeit oder Geld vorhanden. Um das weitere Bestehen des Rosariums zu sichern, wurde der Förderverein Márk-Rosenfreunde e. V. gegründet. Laut Satzung besteht das ausschließliche Ziel des Vereins im Erhalt der Márk-Rosen sowie in der Auswertung der Züchtungsbücher und Notizen von Gergely Márk. Da es keinerlei öffentliche Unterstützung gibt, ist der Verein ausschließlich auf Spenden und private Förderungen angewiesen.
Kletterrose ‘Rozália’
Die eingangs erwähnten Parallelitäten der beiden osteuropäischen Rosenzüchter Rudolf Geschwind und Gergely Márk sind vielfältig: beiden war es vergönnt, etwa 50 Jahre lang Rosen zu züchten, die eine besondere Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und extreme Umweltbedingungen aufweisen, jeder im Kontext seiner Zeit. Bei beiden wird das Lebenswerk auf 800 bis 1.000 neue Sorten geschätzt. Nach Expertenmeinungen sind heute jedoch weniger als 30 identifizierbare Geschwind- Sorten übrig geblieben. Damit dieses Schicksal die ungarischen Márk-Rosen nicht auch ereilt, engagieren sich einige Ehrenamtliche bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit und investieren all ihre persönlichen finanziellen Mittel. Und dabei geht es nicht nur um ein paar schöne Rosen für den Garten. Diese Züchtungsarbeit stellt ein immaterielles Erbe unschätzbaren Wertes dar, und wir sind verpflichtet, es für nachfolgende Generationen zu erhalten.
Eva Kigyóssy-Schmidt
Erschienen in der Zeitschrift GARTEN + HAUS der Österreichischen Gartenbau-Gesellschaft, 6/2020, S. 33-35.
Von vielen Rosenliebhabern wird die Sorge um den weiteren Erhalt der von Aussterben bedrohten Márk-Rosen geteilt. Anfang 2020 hat sich der Berliner Rosenfreund Thomas Marschall mit österreichischen und schweizerischen Rosenexperten über die Möglichkeit einer Veröffentlichung zum Thema in der renommierten Zeitschrift der Österreichischen Gartenbau-Gesellschaft GARTEN + HAUS beraten. Auf die Initiative des Ehepaars Elisabeth und Hugo Hersberger-Tschudin wurde unter Mitwirkung von Herrn Behcet Ciragan, Herrn Theo Keller, Herrn Niklaus Kienast sowie Herrn Erich Unmuth die Verbindung mit der Österreichischen Gartenbau-Gesellschaft aufgenommen. Der Empfehlung von Frau Elisabeth Kalous zu danken hat die Österreichische Gartenbau- Gesellschaft der Publikation zugestimmt. Ein besonderes Dankeschön gilt für diese Geste der Gesellschaft. Frau Kalous hat sich der Sache der Rettung der Márk-Rosen angenommen und keine Mühe gescheut, ihr außerordentliches Talent für die Gestaltung des Artikels einzusetzen. An der Vorbereitung des Artikels waren weiterhin noch mehrere Freunde der Márk-Rosen beteiligt. Stellvertretend für sie sollen hier erwähnt werden: Herr Rudolf Blasnik, Herr Tibor Papp und Herr Hans-Werner Schmidt.
Die Autorin, Eva Kigyóssy-Schmidt, bedankt sich herzlich bei allen Mitwirkenden. Sie ist davon überzeugt, dass der Kreis der Freunde der Márk-Rosen durch diesen Artikel erweitert wird.
Berlin, Juni 2020
Eine immer größere Anzahl von Rosenschulen biettet die Márk-Rose ‘Heilige Elisabeth’ und andere Márk-Sorten zum Erwerb an.
Im vergangenen Jahr haben 123 uneigennützige Rosenfreundinnen und Rosenfreunde zum Erhalt der Márk-Sammlung beigetragen. Auch dieses Jahr bedarf der Erhalt der Sammlung der weiteren Unterstützung. Mit Ihrem Beitrag oder mit Ihrer Fördermitgliedschaft können auch Sie dazu beitragen, dass eine große Anzahl hochwertiger Rosen nicht dem unwiederbringlichen Verschwinden preisgegeben wird.
Márk-Rózsa Barátok Egyesület – Márk-Rosen Freunde e. V.
Referenz: Unterstützung
IBAN: HU40 1174 7006 2725 2877 0000 0000
SWIFT: OTPVHUHB